Rahmenprogramm

Im Oldtimer zum Weltkulturerbe

 

„Verbot mit dem Chauffeur zu sprechen – Defense de parler au Chauffeur“ steht auf einem Schild über dem Fahrersitz, „Vietato parlare al conducente“. Das Fahrzeug, das die Gruppe zur Rappbodetalsperre und nach Quedlinburg bringt, stammt also aus der Schweiz. „Saurer BERNA“ sagt das Typenschild und weist 1958 als Baujahr aus.

Busfahrer Reini, der das historische Gefährt routiniert durch den Harz kutschiert, weiß noch mehr technische Details zu berichten. Der gelbe Oldtimer, ein ehemaliger Schweizer Postbus, bringt es mit 125 PS auf eine Höchstgeschwindigkeit von rasanten 80 km/h. Mit dem, was der Bus verbraucht, kommt ein modernes Auto von Wernigerode bis nach Norditalien: Unglaubliche 40 Liter schluckt der Veteran auf 100 km!SAURER Bus
Bei bestem Wetter genossen alle die Fahrt durch den herbstlich gefärbten Harz, wie immer begleitet von den so fundierten wie launigen Erklärungen von Gästeführerin Ilona Sewol.

Das erste Ziel war die 1952 bis 1959 gebaute Rappbodetalsperre. Der 110 Millionen m³ fassende Stausee liefert Trinkwasser für weite Teile Mitteldeutschlands bis in den Raum Halle/Leipig. Mit Hilfe eines oberhalb errichteten Speichersees kann außerdem Strom erzeugt werden.

Hauptattraktion an der Talsperre ist die 2017 eröffnete Hängebrücke, die weltweit zweitlängste ihrer Art. Auf die Frage von Ilona Sewol, wer über die Brücke das Tal überqueren wolle und wer über die Staumauer, fanden sich nur Interessenten für die Brücke. Viele liefen die gesamten 483 m bis zur anderen Seite und wieder zurück, andere kamen bis zur Bungee-Sprunganlage in der Mitte, wieder anderen reichte ein kurzes Stück. Die Hangebrucke
Die Aufmerksamkeit der Zuschauer war vor allem den Wagemutigen sicher, die sich an der 1000m langen Doppelseilrutsche HARZDRENALIN in die Tiefe stürzten. Der Anblick der bis 120 m über dem Talboden abwärts sausenden Adrenalinjunkies verleitete einen Witzbold zu dem Vorschlag, man könne doch 2019 statt eines Pokals als ersten Preis eine Fahrt mit der Rutsche verlosen.HARZDRENALIN 1
Wieder im Bus ging es vorbei am „Teufelsmauer“ genannten Höhenzug und am für seine seltenen Orchideen berühmten Küsterberg am späten Nachmittag weiter nach Quedlinburg. Die 1000jährige Stadt ist wegen ihrer 1200 Fachwerkhäuser aus 6 Jahrhunderten UNESCO Weltkulturerbe und betrachtet sich als Wiege der deutschen Geschichte. Denn in Quedlinburg soll 928 Heinrich I., der später auch „der Vogler“ genannt wurde, die Königswürde angetragen worden sein.
Die wechselnden Baustile der Fachwerkhäuser sieht man besonders gut am Platz hinter der gotischen Händler- und Tuchmacherkirche St. Benedicti, wo Ilona Sewol an vier nebeneinander stehenden Fachwerkhäusern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert die Veränderungen verdeutlichte. Im 15. Jahrhundert noch mit deutlichen Auskragungen (vorspringende Geschosse) der oberen Stockwerke, wurde die Fassade im 16. Jahrhundert gleichmäßiger. Im 17. Jahrhundert wurden die Gefache nicht mehr mit Reisigflechtwerk und Lehm gefüllt, sondern ausgemauert. Im 18. Jahrhundert setzte sich mehr und mehr Stein als bevorzugter Baustoff durch, und so wirkt die Ausführung des zu der Zeit „unmodernen“ Baustils ein wenig lieblos. Durch einen Durchgang gelangt man hinters Rathaus und in die Straße „Hoken“. Hier durften Händler, die sich keinen Markstand leisten konnten, ihre Ware anbieten. Erlaubt war so viel wie in die Kiepe (Hoke) passt. Übrigens stammt daher der Ausdruck „verhökern“.

Am gotischen Rathaus aus dem Jahr 1310 zeugt eine Rolandsfigur von der Mitgliedschaft Quedlinburgs in der Hanse, auch wenn diese nur 50 Jahre lang bestand. Vor der Statue ist das Quedlinburger Wappen ins Straßenpflaster eingelegt: Zwei Türme, die für eine befestigte Stadt stehen und ein Hund, Symbol für Treue und Wachsamkeit.

Nach der Führung war noch etwas Zeit, um sich auf eigene Faust ein bisschen in der Stadt umzusehen, bevor es in gemächlichem Tempo zurück nach Wernigerode ging.

AuF der HangebruckeFachwerkstileHangebruckeKirche St. BenedictiQuedlinburger Rathaus