Cup der Deutschen Einheit 2023

Mittelalter bei Unwetter

 

Kostumfuhrung 1 kAls Tuchmacherin Mathilde kostümiert, stilecht mit Haube und Körbchen, blickte Frau Oldendorf gemeinsam mit den Teilnehmern der Kostümführung 600 Jahre zurück auf Wernigerode im ausgehenden Spätmittelalter.

Unter den Zünften waren die Tuchmacher hoch angesehen. Der Begriff bezieht sich übrigens nicht auf die heute gebräuchlichen (Hals-)Tücher aus allen möglichen Materialien; vielmehr bezeichnete man im Mittelalter ausschließlich Wollstoffe als „Tuch“.

Schon damals war Wernigerode keins der großen Zentren wie Goslar oder Quedlinburg, sondern eine Marktsiedlung, die im 13. Jahrhundert die Stadtrecht erlangt hatte, in strategisch günstiger Lage. Hier sammelten sich Händler und bildeten Karawanen, um unter dem Motto „Gemeinsamkeit macht stark“ sicher den Harz zu überqueren.

Kostumfuhrung 2 kAuch die Via Romea, die Pilgerstraße nach Rom, führte durch die Stadt. Erstmals in einem Dokument erwähnt wurde Wernigerode, als Albert von Stade im 13. Jahrhundert zur Buße nach Rom pilgern musste und unterwegs eine Liste mit Rastmöglichkeiten für Pilger verfasste. Auf diesem frühen Vorläufer des Guide Michelin findet auch Wernigerode Erwähnung. Erstmals auf einer Landkarte tauchte die Stadt erst 1560 auf.

Stand und Schicht bestimmten im Mittelalter das ganze Leben, Wohnort und Beruf waren festgelegt. Wer aus dem Heideviertel, der damaligen „Armeleutegegend“ kam, hatte kaum Chancen auf sozialen Aufstieg. Durch das „Klare Loch“ an der Hinterstraße floss, insbesondere bei starkem Regen, der gesamte Unrat der Stadt in die Holtemme.

Bis auf die Märkte war die Stadt eng bebaut, und so war die Breite Straße der einzige große Verkehrsweg im Mittelalter. Und da in Wernigerode Marktzwang herrschte, mussten durchreisende Händler, die den Schutz der Stadt genießen wollten, hier ihre Waren anbieten.

Kostumfuhrung 3 kEinige Waren konnten unter freiem Himmel verkauft werden, Tuche wurden nur überdacht in Hallen oder unter Arkaden gehandelt. Das Rathaus aus der Zeit von Tuchmacherin Mathilde fiel allerdings 1558 einem der vielen Stadtbrände zum Opfer. An der Stelle befindet sich heute das Cafe Wiecker.

Gestartet war die Führung bei Sonnenschein. Während der Besichtigung des Kunsthofs in der Marktstraße kam plötzlich ein Unwetter auf. Bei heftigem Regen und Wind fand die Gruppe zum Glück im Durchgang zwischen Innenhof und Straße ein trockenes Plätzchen, und so berichtete die Tuchmacherin viel über Wernigerode und beantwortete noch mehr Fragen. Die Sehenswürdigkeiten, die sie ohne Regen in den Straßen der Stadt präsentiert hätte, beschrieb sie anschaulich in der Stunde, die die Gruppe in ihrem unfreiwilligen Unterschlupf verbrachte, bevor sowohl der Regen als auch die Führung endeten.